Haushaltsrede der FDP-Fraktion zum Doppelhaushalt der Stadt Wesseling 2024/2025

Rede zur Ratssitzung vom 23.04.2024 gehalten von Thorsten Karl

23.04.2024 Allgemein FDP Stadtverband Wesseling

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen des Rates, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse, sehr geehrte Wesselinger Bürgerinnen und Bürger,
mein Name ist Thorsten Karl und ich vertrete heute unseren Fraktionsvorsitzenden Max Zöller, der sich auf einer unaufschiebbaren Dienstreise befindet und sich entschuldigen lässt.

Wir stehen vor der anspruchsvollen Aufgabe, einen Haushaltsplan zu diskutieren und zu verabschieden, der die finanziellen Weichen für unsere Stadt in den kommenden Jahren stellt. Der Doppelhaushalt 2024/2025 birgt wieder einmal große Herausforderungen, aber auch bedeutende Chancen zur Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft. Dabei sind uns allen sehr wohl die Grenzen bekannt, in denen wir überhaupt nur gestalten können. Auf der Einnahmenseite sind uns die Hände gebunden, da wir im Wesentlichen nur an Grund- und Gewerbesteuer einen Hebel ansetzen können. Auf der Ausgabenseite haben wir diverse Pflichten zu erfüllen, die uns durch Land und Bund auferlegt werden, für die wir aber nur bedingt finanzielle Ausgleiche erhalten. So müssen wir auf der einen Seite unsere Aufgaben als Stadt gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern erfüllen und auf der anderen Seite die Belastung für sie so gering halten wie möglich.

Zunächst möchte ich darauf eingehen, dass wir uns in diesem Jahr erneut mit der schwierigen Entscheidung konfrontiert sehen, einige finanzielle Belastungen für unsere Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen. Dies betrifft insbesondere die erhebliche, aber unvermeidliche Anhebung der Grundsteuer sowie die erhöhten Beiträge für Kindertagesstätten und die Offene Ganztagsschule. Wir sind uns bewusst, dass dies bittere Pillen sind, die unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht leichtfallen werden. Dennoch war es möglich, u.a. durch eine weitere Anhebung der Gewerbesteuer die ursprünglich vorgesehene Erhöhung der Grundsteuer leicht zu reduzieren. Eine noch stärkere Erhöhung der Gewerbesteuer über das Niveau der Stadt Köln hinaus wäre aber kontraproduktiv.

In diesen Zeiten der finanziellen Engpässe ist es umso wichtiger, dass wir nicht nachlassen, aktiv für den Erhalt und die Erweiterung unserer finanziellen Spielräume zu kämpfen. Wir dürfen unsere Bürgerinnen und Bürger nicht ständig mit übermäßig steigenden Beiträgen belasten! Unser Engagement zeigt sich hierbei auch in der vorsichtigen Herangehensweise an große Projekte wie die Entwicklung neuer Gewerbegebiete. Hier haben wir bewusst darauf verzichtet, zu sehr hohen Preisen Flächen zu erwerben, deren späterer Erlös höchst ungewiss wäre. Stattdessen konzentrieren wir uns z. B. auf eine sorgfältige Planung und Entwicklung des Gewerbegebiets an der Urfelder Straße, das hoffentlich schon bald neue Einnahmen generieren wird.

Auf der anderen Seite müssen wir noch stärker darauf hinwirken, dass unserer Stadt nicht immer weitere Belastungen auferlegt werden. In diesem Zusammenhang ist es sehr bedauerlich, dass ein gemeinsamer Appell an die Landesregierung und den Bund, die Kommunen in Nordrhein-Westfalen u.a. besser finanziell auszustatten, von den Fraktionen der CDU und der Grünen nicht unterstützt wurde. Ein stärkeres Signal in diese Richtung hätte ein deutliches Zeichen für mehr finanzielle Unabhängigkeit und Gestaltungsfreiheit setzen können. Es kann z.B. nicht sein, dass das Land bei weiter anhaltenden Fluchtbewegungen das Problem mangelnder Kapazitäten in Landeseinrichtungen primär durch Verteilung auf die Kommunen „löst“, ohne wenigstens für die erforderliche finanzielle Kompensation zu sorgen. Außer Frage steht dabei, dass Geflüchtete aufgenommen und menschenwürdig untergebracht werden müssen. Die Stadt sollte sich aber auf ihre Integration konzentrieren können.

Dieser Vorgang ist leider symptomatisch für das aktuelle Klima in unserem Stadtrat. Wir wünschen uns mehr Offenheit und Bereitschaft zum Dialog über Fraktionsgrenzen hinweg. Es ist demokratisch nicht vertretbar, dass Initiativen, die nicht aus der Koalition kommen, regelmäßig ohne angemessene Diskussion abgelehnt werden – teils sogar gänzlich ohne Begründung wie bei oben genanntem Appell an Land und Bund. Dies untergräbt das Vertrauen in unsere politischen Prozesse und entfremdet Teile der Bürgerschaft, die sich durch diese Fraktionen vertreten fühlen. Demokratie ist nicht nur die Herrschaft der Mehrheit, sondern auch die Pflicht, im Kompromiss den besten Weg für alle zu finden. Dazu gehört es auch, dass plurale Meinungen und Vorschläge im Rat und seinen Ausschüssen diskutiert werden – nicht nur in den einzelnen Fraktionssitzungen. Nicht alle Argumente mögen für alle überzeugend sein, aber zumindest Gegenargumente vorzubringen und Ablehnung zu begründen wäre doch angemessen, um die Meinungen und damit die Menschen wertzuschätzen, die diese vertreten. Wir alle machen das hier ehrenamtlich und vertreten Menschen aus unserer Stadt!

Ein zentraler Punkt der Haushaltsplanung ist die notwendige Investition in die Infrastruktur unserer Stadt. Hierzu zählen die Sanierung und der Ausbau unserer Feuerwehr, die notwendigen Modernisierungen unserer Schulen und die Schaffung eines modernen Schulcampus. Diese Investitionen sind essenziell, um Wesseling als attraktiven Wohn- und Arbeitsort zukunftsfähig zu machen. Wir haben gemeinsam aus vergangenen Fehlern gelernt und setzen nun vermehrt auf eine Vergabe in Totalunternehmerschaft, um effiziente und effektive Ergebnisse zu erzielen. Auch wenn diese Investitionen unseren Haushalt jetzt belasten, so werden wir in der Zukunft davon profitieren. Die Infrastruktur auf den heutigen Stand verfallen zu lassen, war ein großer Fehler der Vergangenheit. Denn während Schulden durch Kredite für die Investition in die Zukunft für die kommenden Generationen einen echten Gegenwert bilden, sind die technischen Schulden durch bröckelnde Infrastruktur nur eine Belastung.

Ich möchte auch auf die Personalsituation in unserer Verwaltung eingehen. Es ist uns natürlich ein Anliegen, dass keine unnötigen Stellen neu geschaffen werden, die die Verwaltungskosten unnötig erhöhen. Stattdessen setzen wir auf eine konsequente Digitalisierung der Prozesse in der Verwaltung, so dass das bestehende Personal seine Aufgaben effektiver und effizienter erledigen kann. Digitalisierung spart kein Personal ein, sie befähigt das bestehende Personal aber dazu, Vorgänge besser und zügiger bearbeiten zu können und somit für mehr Zufriedenheit bei den Bürgerinnen und Bürgern zu sorgen. Wir danken hier der Verwaltung für den maßvollen Entwurf im Personalplan und vor allem für die vorbildliche Arbeit bei der Digitalisierung, bei der die Stadt Wesseling im Vergleich mit den Nachbarkommunen weit voraus ist.

Noch immer stark verbesserungswürdig ist allerdings die frühzeitige Information und Einbindung der Politik und weiterer Betroffener bei besonders kritischen Herausforderungen. Nachdem die Politik vor wenigen Jahren davon überrascht worden war, dass es „plötzlich“ extrem an Kinderbetreuungsplätzen mangelte, schienen wir z. B. mit den sorgfältig vorbereiteten und in dedizierten Gremien vorberatenen Sanierungsplänen für unsere Schullandschaft auf einem sehr guten Weg zu sein. Nun werden wir aber mit kürzester Frist über einen massiven Sanierungsstau im Schulschwimmbad in Kenntnis gesetzt, von dem bisher nach unserem Kenntnisstand niemals zuvor berichtet worden war. Wenn – so die nachher zu beratende Vorlage – bereits seit 2016 vorgesehen war, dass Schulschwimmbad nach Fertigstellung des Gartenhallenbads zu sanieren, dann hätten wir bereits im ursprünglichen Haushaltplanentwurf und der mittelfristigen Finanzplanung Ansätze für die Erstellung und Umsetzung eines Sanierungskonzepts oder aber den Verwaltungsvorschlag einer Schließung aufgrund nicht mehr tragbarer Kosten erwartet. Spätestens im Rahmen dieser Haushaltsberatungen hätte die Zukunft des Schulschwimmbads auf die Tagesordnungen von Schul- und Sportausschuss gehört! Betroffene Nutzer hätten frühzeitig informiert werden müssen. Nun aber ausgerechnet geradezu „versteckt“ unter dem Titel „Unterbringung von zugewiesenen Geflüchteten“ die sofortige und de facto endgültige Schließung des Bades vorzuschlagen, ist – ganz vorsichtig ausgedrückt – ein kommunikatives Desaster.

Es ist unsere Pflicht und Verantwortung, die bestmöglichen Entscheidungen für die Zukunft unserer Stadt zu treffen. Dazu gehört auch eine gründliche und transparente Diskussion unserer Haushaltspläne. Nur so können wir sicherstellen, dass Wesseling auch in Zukunft ein lebenswerter Ort für alle seine Bürgerinnen und Bürger bleibt. Dies war in den Fachausschüssen diesmal jedoch kaum möglich, da schon erhebliche Änderungen durch den ersten Veränderungsnachweis erwartet wurden. Die Vielzahl und der Umfang der Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf zeigen, mit welch heißer Nadel hier gestrickt wird.

Ob ich dem Haushalt heute zustimmen kann, ist im Moment noch sehr fraglich. Dies hängt von Verlauf und Ergebnis der gleich noch folgenden Diskussionen ab, die unnötigerweise zum Teil erst heute beginnen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe auf eine konstruktive Zusammenarbeit im Interesse unserer Stadt!

Es gilt das gesprochene Wort.

			

				
				

Thorsten Karl

Schatzmeister, stv. Fraktionsvorsitzender

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Max Zöller

stv. Stadtverbandsvorsitzender, Fraktionsvorsitzender

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